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Anmerkungen zur Transkription:

Der Text stammt aus: Imago. Zeitschrift für Anwendung derPsychoanalyse auf die Geisteswissenschaften II (1913).S. 357–408.

Schreibweise und Interpunktion des Originaltextes wurdenübernommen; lediglich offensichtliche Druckfehler wurdenkorrigiert. Änderungen sind im Textso gekennzeichnet. DerOriginaltext erscheint beim Überfahren mit der Maus.Eine Liste der vorgenommenen Änderungenfindet sich am Ende des Textes.

Über einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker.
Von SIGM. FREUD.
IV.
Die infantile Wiederkehr des Totemismus.

Von der Psychoanalyse, welche zuerst die regelmäßige Überdeterminierungpsychischer Akte und Bildungen aufgedeckt hat,braucht man nicht zu besorgen, daß sie versucht sein werde,etwas so Kompliziertes wie die Religion aus einem einzigen Ursprungabzuleiten. Wenn sie in notgedrungener, eigentlich pflichtgemäßerEinseitigkeit eine einzige der Quellen dieser Institution zur Anerkennungbringen will, so beansprucht sie zunächst für dieselbe dieAusschließlichkeit so wenig wie den ersten Rang unter den zusammenwirkendenMomenten. Erst eine Synthese aus verschiedenen Gebietender Forschung kann entscheiden, welche relative Bedeutung dem hierzu erörternden Mechanismus in der Genese der Religion zuzuteilenist; eine solche Arbeit überschreitet aber sowohl die Mittel als auchdie Absicht des Psychoanalytikers.

1.

In der ersten Abhandlung dieser Reihe haben wir den Begriffdes Totemismus kennen gelernt. Wir haben gehört, daß der Totemismusein System ist, welches bei gewissen primitiven Völkern inAustralien, Amerika, Afrika die Stelle einer Religion vertritt unddie Grundlage der sozialen Organisation abgibt. Wir wissen, daßder Schotte Mac Lennan 1869 das allgemeinste Interesse für diebis dahin nur als Kuriosa gewürdigten Phänomene des Totemismusin Anspruch nahm, indem er die Vermutung aussprach, eine großeAnzahl von Sitten und Gebräuchen in verschiedenen alten wie modernenGesellschaften seien als Überreste einer totemistischen Epoche zu verstehen. Die Wissenschaft hat seither diese Bedeutung desTotemismus im vollen Umfange anerkannt. Als eine der letztenÄußerungen über diese Frage will ich eine Stelle aus den Elementender Völkerpsychologie von W. Wundt (1912) zitieren(1): »Nehmenwir alles dies zusammen, so ergibt sich mit hoher Wahrscheinlichkeitder Schluß, daß die totemistische Kultur überall einmal eineVorstufe der späteren Entwicklungen und eine Übergangsstufezwischen dem Zustand des primitiven Menschen und dem Helden-und Götterzeitalter gebildet hat.«

Die Absichten der vorliegenden Abhandlungen nötigen uns zueinem tieferen Eingehen auf die Charaktere des Totemismus. AusGründen, welche später ersichtlich werden sollen, bevorzuge ich hiereine Darstellung von S. Reinach, der im Jahre 1900 nachstehendenCode du totémisme in zwölf Artikeln, gleichsam einen Katechismusder totemistischen Religion, entworfen hat(2):

1. Gewisse Tiere dürfen weder getötet noch gegessen werden,aber die Menschen ziehen Individuen dieser Tiergattungen auf undschenken ihnen Pflege.

2. Ein zufällig verstorbenes Tier wird betrauert und unter dengleichen Ehrenbezeugungen bestattet wie ein Mitglied des Stammes.

3. Das Speiseverbot bezieht sich

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